Im letzten Schuljahr wurde mit einigen Klassen der Grundschule Neurahlstedt ein Theaterprojekt durchgeführt. Gemeinsam haben wir uns mit der Konfliktbewältigung mit Hilfe von Theaterformen des Theaters der Unterdrückten nach Augusto Boal beschäftigt. In der Grundschule Neurahlstedt wurden diese Formen des Theaters der Unterdrückten auf die Konflikte der Alltagswelt der Schülerinnen und Schüler angewandt.

Das Theater der Unterdrückten ist ein Grundtheaterverständnis, welches in den 1960er und 1970er Jahren von dem Theaterregisseur und Autor Augusto Boal entwickelt wurde. Mit Hilfe von verschiedenen Formen, wie zum Beispiel dem Statuentheater, werden gesellschaftliche Konflikte in Standbildern dargestellt. Sowohl Schauspielerinnen und Schauspieler, als auch das Publikum überlegen gemeinsam, wie man diesen dargestellten Konflikt lösen kann. Ziel des Theaters der Unterdrückten ist es, die Realität durch Theaterspielen zu verändern, um Lösungen für soziale und politische Probleme zu finden.  Durch das konkrete Aufzeigen und Ausprobieren im geschützten Rahmen des Theaterspiels haben die Teilnehmer direkt vor Augen, wie sie sich besser verhalten könnten. Sie probieren neue Verhaltensweisen aus und bringen hoffentlich den Mut auf, diese in einer erneuten Unterdrückungssituation anzuwenden.

Zur Einstimmung auf die intensive Auseinandersetzung mit Konflikten war es wichtig, dass sich die Schülerinnen und Schüler mit den eigenen Stärken und Schwächen beschäftigen (siehe Bildergalerie). Dieses ist wichtig, um zu verstehen, wie es zu Missverständnissen und somit zu Konfliktsituationen kommen kann. Eine selbstreflektierte Haltung ist Grundvoraussetzung, um Konflikten produktiv zu begegnen.

An nächster Stelle folgt ein Beispiel für die Konfliktbearbeitung mit Hilfe von Standbildern (nach dem Statuentheater des Theaters der Unterdrückten). Zu Beginn wird ein Konflikt aus der Lebenswelt der Schülerinnen und Schüler in einer Reihe von „Realbildern“ dargestellt. Die ehemaligen Viertklässlerinnen haben sich für folgenden Konflikt entschieden (Abbildungen der Realbilder 1 bis 5 siehe Bilder Galerie):

Die restlichen Schülerinnen und Schüler stellten Überlegungen an, was genau die Bilder ausdrücken sollen und welche Bedeutung dem beizumessen ist. In diesem speziellen Fall fiel einigen Kindern ein, dass manchmal lauthals über etwas geredet wird, um sich interessanter zu machen. Das Thema an sich ist dabei zweitranging.

An dieser Stelle folgt ein Beispiel für die Konfliktbearbeitung mit Hilfe von Standbildern (nach dem Statuentheater des Theaters der Unterdrückten). Zu Beginn wird ein Konflikt aus der Lebenswelt der Schülerinnen und Schüler in einer Reihe von „Realbildern“ dargestellt. Die ehemaligen Viertklässlerinnen haben sich für folgenden Konflikt entschieden (Abbildungen der Realbilder 1 bis 5).

Die Mädchen klärten ihre Mitschüler über die Intentionen ihrer Bildergeschichte auf. Sie wollten darstellen, dass das Geheimnis nicht weiter verraten wurde.  Die zwei haben über etwas anderes gesprochen und sind dabei unabsichtlich ausschweifend und lauter geworden. Sie wollten das andere Mädchen damit nicht eifersüchtig machen. Es wurde nicht bedacht, dass das dritte Mädchen ihr Gespräch auf sich und ihr Geheimnis beziehen könnte. Die dritte Schülerin hat die Situation falsch gedeutet und stellt am Ende die gesamte Freundschaft in Frage.

Die gesamte vierte Klasse überlegte sich gemeinsam, wie man den abgebildeten Konflikt entschärfen könnte. Einzelne Kinder ersetzten Positionen in einem der Standbilder und brachten so ihre Vorschläge ein.

Die Schülerinnen und Schüler kamen gemeinsam zu der Lösung, dass man auf der einen Seite gar nicht erst den Eindruck entstehen lassen sollte, dass das Geheimnis verraten wurde. Zum Beispiel könnte man ein kleines Zeichen geben, sodass sie weiß, dass sie sich keine Sorgen zu machen braucht (Abbildungen des  Idealbildes).

Die Schülerinnen und Schüler betonten am Ende des Theaterprojekts gelernt zu haben, dass nicht nur eine Ursache diesen Konflikt ausgelöst hat. Vielmehr haben möglicherweise mehrere Kinder durch ihr Verhalten und auch sie selbst durch ihr eigenes Verhalten zu dem Entstehen des Konflikts beigetragen. Durch das Theaterspielen können Situationen sehr anschaulich dargestellt werden. Dieses bietet sowohl den Schülerinnen und Schülern, als auch den Klassenlehrerinnen und -lehrern die Möglichkeit, die Situation besser zu verstehen.

Die Lösung eines Konflikts wird ermöglicht, indem man beginnt, sich genau zu überlegen, was man selbst und andere besser machen könnten. Durch den Perspektivwechsel fühlen sich die Kinder in andere Rollen hinein und lernen somit Andere besser kennen, um die Gründe für deren Handeln zu verstehen.

Die Kinder empfanden große Freude an dem Theaterspielen. Das Projekt verlief sehr erfolgreich und hat mich in meiner Entscheidung für den Lehrberuf absolut bestärkt. Die bearbeiteten Konflikte und Erkenntnisse der Schülerinnen und Schüler stellten die Grundlage für meine Bachelorarbeit.

Annika Schultz